Führen bedeutet unter anderem in gewisser Hinsicht Vorbild für den Hund zu sein. Und Identifikation bedeutet immer ein Stück weit sich führen zu lassen. Sich zusammengehörig zu fühlen. So könnten die Gedanken im Kopf deines Hundes klingen, wenn ihm ein Vorbild fehlt, jemanden, an dem er sich halten kann, mit dem er sich identifizieren kann, dem er vertrauen kann.  

So könnten die Gedanken deines Hundes klingen.

„Liebes Herrchen, liebe Frauchen, ich möchte ehrlich mit euch sein – mit wem soll ich mich eigentlich identifizieren? Was soll mein Vorbild sein? Soll es jemand sein, der schon im Voraus nervös nach anderen Hunden Ausschau hält, die in weiter Ferne herumlaufen könnten? Noch schlimmer wäre es, wenn der Hund sogar noch von seinem Besitzer auf einem Fahrrad begleitet wird. Wie soll ich mich mit jemandem identifizieren, der nicht einmal den Mut hat, anderen Menschen klar und deutlich „NEIN“ zu sagen und ihnen Grenzen aufzuzeigen, um mich zu schützen, wenn mich Fremde ungefragt knuddeln oder Futter geben wollen?
Wie kann ich mich mit jemandem identifizieren, der nicht bereit ist, mich zu beschützen, wenn ein anderer Hund mich ärgert, provoziert, mobbt oder sogar angreift? So muss ich selbst das Heft des Handelns in die Pfote nehmen, weil mein Herrchen offensichtlich nicht den Mut hat – möglicherweise aus Angst vor dem anderen Hund oder dessen Besitzer. Wie kann ich jemandem folgen, der scheinbar hilflos alles Mögliche ausprobiert und orientierungslos umherläuft, ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben?
Ich wünsche mir jemanden als Vorbild, der selbstbewusst, entschlossen und liebevoll für mich einsteht. Jemanden, der mich vor Gefahren schützt, klare Grenzen setzt und mich in schwierigen Situationen nicht allein lässt. Ein Vorbild, das mich mit Sicherheit und Vertrauen erfüllt und mich auf meinem Weg begleitet. Denn nur so kann ich auch lernen, selbstbewusst und ausgeglichen zu sein. Bitte zeigt mir, dass ihr meine wahren Beschützer seid und mich stärkt, damit ich mich sicher und glücklich fühlen kann. Euer treuer Begleiter.

Was nützt es mir, wenn du mir permanent sagst, was du nicht willst? Wieso soll ich mich jemandem unterordnen, der offensichtlich nicht weiß, was er will, auch weil er es mir weder erklären noch mir gegenüber durchsetzen kann? Wie will mir so einer plausibel glauben machen, dass er mich sicher durch mein Leben führen kann? Ich kann besser riechen und besser hören als du. Ich kann auch besser sehen als du, selbst dann, wenn es für dich schon zu dunkel ist. Ich kann länger laufen und bin wendiger als du, und dann bin ich auch noch schneller als du. Und nun, liebes Frauchen, liebes Herrchen, sagt mir bitte, welche Fähigkeiten ihr habt, wegen derer ich euch folgen sollte? Was soll ich mit jemandem anfangen, der die Straßenseite wechselt, nur weil ihm ein anderer Hund entgegenkommt? Oder mit einem, der sich umdreht und weggeht, nur weil ihm ein Mensch mit Rollator oder Fahrrad begegnet? So willst du mir ein Vorbild sein? So soll ich dir etwas zutrauen, obwohl du bei jedem lauten Geräusch auf mich schaust und darauf, was ich wohl mache, ob ich erschrecke, oder was auch immer? Hier willst du mich auf einmal schützen, statt mir Sicherheit zu geben.

Lisa mit ihren vier Hunden.

Wie willst du mir ein Vorbild sein, wenn du völlig unreflektiert alles machst, was man dir sagt, und sei es noch so abwegig, um mich in den Griff zu bekommen, zu kontrollieren und zu erziehen? Wie soll ich dich ernst nehmen, wenn du plötzlich und unvermittelt eine schrille, piepsende Stimme an den Tag legst und dadurch bei deinen Mitmenschen zu einer Lachnummer wirst? Wie soll ich auf die Idee kommen, du wärest mein Vorbild und meine Orientierung, nur weil du der naiven Meinung bist, ich sei von dir abhängig oder würde besser auf dich hören, nur weil du mich aus der Hand fütterst? Aus einer Hand, mit der du nicht einmal selbst isst, sondern Messer, Gabel und Löffel dafür zu Hilfe nimmst! Denkst du wirklich, ich wäre so dumm zu glauben, ich sei von dir abhängig? Dabei bist du es doch, der offensichtlich von Hilfsmitteln abhängig ist, um zu essen. Ich nicht! Warum brauchst du so etwas, bist du so schwach? Bist du auch zum Essen nicht in der Lage? Ich kann Trockenfutter mit meinen Zähnen zerbeißen und ganz klein zermahlen. Und du, kannst du das auch? Oder bist du tatsächlich so schwach? Wir können uns ja den Spaß machen und draußen im Wald eine Survival-Woche verbringen. Mal sehen, wer von uns beiden dort länger überlebt.

Ich wette mit meinem bedingungslosen Grundeinkommen

Ich wette mit meinem bedingungslosen Grundeinkommen, das ich bei dir habe, dass ich gewinnen werde. Was ist: Hältst du dagegen? Wenn du nun ja sagst, zeigt es mir nur, wie wenig du mich verstehst und kennst und wie wenig du im Grunde von mir weißt. Was für ein Vorbild ist mir ein Mensch, der versucht, alles, was immer ich gerade mache, genau zu interpretieren und zu analysieren? Wie soll ich zu ihm aufschauen, wenn ich aber nicht weiß, was ich tun soll, um in deiner Welt zu überleben, weil du es mir nicht sagst? Du starrst mich bei Begegnungen mit meinen Artgenossen regelrecht an und versuchst verzweifelt, genau zu sehen, an welchem Punkt du mich ermahnen musst, bevor ich in die Leine springe und ihn dann, auf meinen Hinterbeinen stehend, regelrecht “anbrülle”. Du willst eine Führungskraft sein? Dabei kann ich dich anrempeln, anspringen und dich respektlos behandeln. Du lässt es zu, dass ich dich vor anderen Leuten damit demütige, dass ich an der Leine zerre und herumzappele. Du willst meine Führungskraft sein? Wie soll ich dich denn ernst nehmen, wenn ich immer wieder an der Leine ziehen kann und es dir trotz allergrößter Bemühungen nicht gelingt, dich durchzusetzen? Nur für schöne Hundeblicke bekomme ich regelmäßig mein Futter von dir. Dabei zeige ich dir damit eigentlich nur, dass ich dich durchschaut habe und ganz genau weiß, wie ich dich ohne viel Aufwand um den Finger wickeln und manipulieren kann.

Der kleine Pfoten-Pfad

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Der kleine Pfoten-Pfad – auf Safari


Die Beschreitung des Pfotenpfad ist eine spannende Reise, vergleichbar mit einer Safari. Wir befinden uns in einem fremden Land mit einer unbekannten Sprache und endemischen Verhaltensregeln. Nun kommt ein Eingeborener dieses Landes zu uns und soll bei uns leben. Gefragt hat ihn allerdings niemand, hätte er die Wahl gehabt, wäre er sicher lieber unter Seinesgleichen geblieben.
Daher sind wir es diesem kostbaren Lebewesen schuldig, ihn ernst zu nehmen und seine Bedürfnisse zufriedenzustellen.
Begeben wir uns also auf Safari und versuchen mit unseren beschränkten Mitteln, uns ein klein wenig in die Welt des Hundes hineinzuversetzen.
Exclusiv in Eckard Wurmstube

Ich will dich bewundern!

Wie soll ich dich jemals bewundern, wenn du selbst plan- und hilflos in kritischen Situationen vorgehst? Du bist in deinen Handlungen und Gedanken dermaßen eingeschränkt, dass du selbst gar nicht mehr so recht bemerkst, was du da eigentlich tust. Und wie soll ich dir gerne, freiwillig und motiviert folgen, wenn du nicht wahrnimmst, dass dein Umfeld und deine Mitmenschen dich ebenso wenig für voll nehmen wie ich? Wie soll ich dir freiwillig mein Leben anvertrauen, wenn dein Lebenstraum ein völlig anderer ist als meiner? Warum sollte ich dir folgen, wenn ich es doch immer wieder schaffe, mit meinem Verhalten deine moralischen und ethischen Werte auszuhebeln, so sehr, dass du frustriert, enttäuscht und verärgert bist oder sogar weinen musst? Warum soll ich mich in deine Welt einfügen, wenn es dort keine Grenzen gibt? Wenn es da keinen gibt, der mir die Grenzen des Zusammenlebens zeigt? Du erzählst allen möglichen Leuten zwar, dass ich dein Freund sei, aber trotzdem leinst du mich stets an, damit ich bei dir bleibe. Du bist davon überzeugt, dass ich dich gerne habe, dabei kannst du mich ohne Leine gar nicht laufen lassen, weil ich ansonsten abhauen würde, statt bei dir zu bleiben. Nichts wie weg, lautet die Parole, denn jeder andere Hund scheint mir willkommener und wichtiger als du zu sein. Selbst im Auto musst du mich anleinen, weil du genau weißt, dass ich sofort herausspringen würde, sobald du die Tür öffnest – nach dem Motto: bloß weg von dir. Und wie kommst du dann auf die Idee, dass ich dich gerne habe? Ich springe in die Leine, dass du Schmerzen hast und sogar Gefahr läufst hinzufallen und du glaubst, ich wäre dein größter Fan? NEIN! All diese Verhaltensweisen sind nichts weiter als ein Hilfeschrei, der dir endlich einmal vor Augen führen soll, wie unser Zusammenleben in dieser Gesellschaft funktioniert! Sei mir ein gutes Vorbild, auf das ich stolz sein kann. Ich will nämlich stolz und glücklich sein, weil ich an deiner Seite sein darf und dankbar dafür, dass du mir das Leben so genau erklärst, dass ich immer weiß, wie ich mich zu verhalten habe. Und ich will mich deswegen bei dir wohlfühlen, weil du mir Grenzen vorgibst, in denen ich mich vollkommen frei, unabhängig und glücklich bewegen kann.”

Lieber Leser, solltest du dich in einigen dieser Punkte mehr oder minder wiederfinden, deutet es darauf hin, dass du Schwierigkeiten mit deiner Selbstachtung hast. Grundsätzlich ist das eigentlich egal, weil es deine Sache ist und weil um dein Leben geht. Aber du möchtest einen Hund haben, den du kontrollieren und führen kannst. Und genau dann wird es zu einem Problem, denn dein Hund spiegelt durch sein Verhalten immer ganz deutlich, wie er dich sieht und was er von dir hält. Die Frage ist nur, wie du das Verhalten deines Hundes für dich persönlich einordnest.

Und jetzt los, lass uns Wissen, was du denkst!