Hunde Prinzessin mit Krone

Die Menschen, die zu mir kommen, bilden gewissermaßen einen Querschnitt der Gesellschaft. So habe ich auf dem Pfoten-Pfad Menschen kennengelernt, die in ihren beruflichen Positionen ein großes Stück Verantwortung tragen. Darunter waren Menschen, die Mitarbeiter führen, und die – um dies qualifiziert tun zu können – über entsprechende Führungsqualitäten verfügen müssen. Das sind z. B. Richter, Vorstandsvorsitzende von Aktiengesellschaften, Vorsitzende von Berufsverbänden, Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen, Berufspolitiker, Leiter großer Filialen und selbstständige Handwerker. Man sollte denken, dass diese Menschen keinen Mentalcoach bräuchten, erst recht nicht im Kontext ihres Hundes. Denn sie müssen ihre mentale Stärke, ihre Willenskraft in ihren individuellen Bereichen fast tagtäglich immer wieder aufs Neue unter Beweis stellen. Sie tragen tagtäglich Verantwortung für ihre Mitarbeiter und deren Familien, müssen tagtäglich ihre Belegschaft führen.  Dennoch waren sie nicht davor gefeit, ihren Hund eine Krone aufzusetzen: Mein Hund, meine Prinzessin.

Dein Hund und die Wirkung in der Öffentlichkeit

Und dann begegnete mir Frank. Er war Geschäftsführer und Inhaber eines mittelständischen Unternehmens im Ruhrgebiet, ein Selfmade-Millionär. Er war 50 bis 55 Jahre alt. Sein früher braunes Haar war mehr und mehr einem Weiß gewichen, und auf dem Hinterkopf waren – wie bei mir – die ersten kahlen Stellen zu sehen. Er war ungefähr 1,75 Meter groß. Er fuhr eine große, dunkle Limousine. Sein Äußeres war sauber und adrett. Sein Auftreten war klar. Man sah ihm von der ersten Minute an, dass hier jemand steht, der nicht schauspielert, der authentisch ist, der vermutlich manchmal ein Pokergesicht aufzieht, zum Beispiel bei Verhandlungen. Aber man weiß, woran man bei ihm ist. Und man merkte ihm an, dass er wusste, was er wollte.

Im ersten Gespräch mit Frank kristallisierte sich schnell heraus, dass er klare, sogar bildhafte Ziele verfolgte – sowohl beruflich als auch im Privaten. Dies galt auch im Kontext seines Hundes Nero. Doch mit Nero, einem grauen Jagdhund, klappte es leider nicht so. Aus einem für ihn und andere unerfindlichen Grund gelang es ihm nicht, mit seinem Nero ohne Leine auch nur einen Weg entlangzugehen. Sobald er ihn von der Leine ließ, startete Nero durch und rannte, was das Zeug hielt. Oder er bog einfach nur nach rechts oder links ab ins Unterholz. Bei einem Rückruf kam lange Zeit nichts und danach noch immer kein Nero. ”Fuß gehen” an der Leine war ebenso unmöglich, egal wo. Nero blieb stehen und schnupperte, wenn ihm danach war, rannte sprunghaft nach vorn zu einem anderen Hund, wenn dieser ihn interessierte. Frank konnte ihn dann nur mit Mühe halten und musste aufpassen, nicht hinzufallen. Oder Nero jagte einfach einem Vogel hinterher, wenn es ihm gefiel. Nero machte sein eigenes Ding. So wie ein Prinz: Nero, mein Hund, mein Prinz.

Der Hund macht sein eigenes Ding – wie eine Prinzessin

Ich setzte mich mit Frank auf unseren Hundeplatz, wir tranken Kaffee, und Nero inspizierte den Platz. Franks Sorge galt zunächst Nero, ob er denn von diesem Platz entwischen könne, ob der Platz dicht eingezäunt sei. Frank erzählte von sich, seinem Job, seinem Tagesablauf und seinen Träumen. Er sprach ruhig und langsam, mit einer dunklen Stimme. Ob Nero wohl Flöhe oder andere Parasiten hätte, er hätte sich nun das zweite Mal innerhalb weniger Minuten gekratzt. Er erzählte von Neros Biografie und von den bisherigen Besuchen in anderen Hundeschulen. Er schmückte seine Erzählungen mit lebhaften Adjektiven aus. Humor hatte er, wie seine teilweise bissige Ironie zeigte. Ich lachte gerne mit ihm, entsprach es doch auch meiner Art von Humor, die er vortrug. Er selbst lachte aber immer nur sehr dezent, nie aus vollem Herzen oder über das ganze Gesicht. Das war so seine Art, das war Frank.

Dann fragte er sich wieder, ob Nero wohl Durst habe und schaute nach, ob im Wassernapf noch genügend Wasser sei, rief Nero herbei und zeigte ihm abermals das Wasser, zum dritten Mal in weniger als einer halben Stunde. Er erzählte mir, was Nero in den Hundeschulen alles beigebracht wurde, was klappte und was nicht, welche Aufgaben Nero mochte und welche nicht. Und er erzählte mir kurz von seiner Familie, seiner Frau und seinen drei Kindern. Zwischendurch schaute er immer wieder, was Nero gerade machte. Wenn er ihn nicht sofort im Blickfeld hatte, dann schweifte sein Blick wie ein Radar über den gesamten Platz, dafür stand er sogar auf. Als Nero durch die Sonne lief, bemerkte Frank, dass Nero die Sonne möge. Nero könne schon fast in der Sonne braten. Es könne ihm nicht heiß genug sein, wenn er in der Sonne dösen würde. Zu Hause hätte er extra einen Kamin angeschafft, vor dem sich Nero gerne hinlümmelt, wie Frank es nannte. Und dann beschrieb er mir sämtliche Positionen, in denen Nero liegen würde. Und was Nero in den Kurzurlauben alles erlebt habe.

Frank erzählte mir auch von seiner Arbeit. Wann immer es möglich sei, begleite ihn Nero in den Betrieb. Leider könne er ihn nur in seinem Büro lassen, weil er sonst durch die ganze Firma rennen würde. In einem Nebensatz ließ er anklingen, dass die Produktivität und die Zahlen seiner Firma in der letzten Zeit schlechter wurden. Aber manchmal nimmt er den Hund dennoch mit, denn alle Mitarbeiter kennen Nero ja, sind lieb zu ihm und mögen ihn. Sie freuen sich immer, ihn zu sehen, lachen dann alle und knuddeln ihn. Bei manchen Mitarbeitern freut sich Nero so sehr, sie zu sehen, dass er sie anspringt. Und die Mitarbeiter freuen sich mit und lachen dann. Nero hat auch schon Mitarbeitern die Frühstücksbrote vom Tisch gestohlen, da hat Frank gleich ein paar neue gekauft. Letztens war er einem Gabelstapler in den Weg gelaufen. Zum Glück hatte der Fahrer schnell genug bremsen können, sodass Nero nichts passierte. Aber die Gitterbox fiel von der Gabel und der Inhalt verteilte sich über den Hof. Die Mitarbeiter mussten dann alles aufräumen, was ihnen aber nichts ausmachte. “Hauptsache, Nero ist nichts geschehen” bekundeten sie, als Frank sich für seinen Hund entschuldigen wollte. 

Ursachen für das Verhalten des Hundes

“Ich glaube, die ersten beiden Ursachen für Neros Verhalten habe ich gefunden.” Frank schaute mich etwas irritiert an. Er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass ich aus nur einem Gespräch mit ihm innerhalb von 30 Minuten bereits Ursachen finde. Wer von euch, liebe Leser, bis hierhin genau mitgelesen hat, wird diese Ursachen schon entdeckt haben. Ich sprach weiter. “Aus irgendeinem Grund hast du angefangen, dein Denken vom Rest der Welt auf Nero zu verlagern. Dein Denken, sogar dein Handeln, dreht sich immer nur um Nero, sobald er dabei ist.” Frank schaute mich mit großen Augen an. “Das konnten wir hier schon auf dem Hundeplatz wunderbar sehen. Du hast dich gefragt, ob er Durst hat, ob er hier wegkann, und so weiter. Dein Denken dreht sich immer nur um ihn und seine Bedürfnisse. Du kennst ihn offensichtlich genau. Ich frage mich aber immerzu, ob Nero auch deine Bedürfnisse kennt? Ob Nero genauso viel an dich denkt, wie du an ihn? Und wenn ich Nero hier so sehe und erlebe, wie er über den Platz rennt, überall schnüffelt, aber innerhalb einer halben Stunde nicht ein einziges Mal Kontakt zu dir aufnimmt, dann kann jeder sehen, dass Nero nicht mal ansatzweise so viel an dich denkt, wie du an ihn.” Frank, der sonst immer beim Reden zu mir schaute, sah nun weg. Sein Blick schweifte entweder über den Platz oder er senkte sich Richtung Boden. Man sah ihm an, dass er mit sich selbst rang. Und man sah ihm an, dass es ihn berührte. Ich schenkte uns noch mal Kaffee nach und machte eine kurze Pause, damit er das eben Gehörte für sich einordnen konnte.

Der Hund gehorchte nicht – Warum soll auch eine Prinzessin hören?

Es machte ihm Spaß, Nero dabei zuzusehen, wie er bei diesem schönen Wetter auf dem Hundeplatz agierte. Manchmal wie von der Tarantel gestochen losspurtete, zwei, dreimal quer über den Platz rannte – und dann plötzlich stockte, um an einigen Grashalmen zu riechen. Er wälzte sich auf dem Rasen, genoss die Sonne und erkundete die Geräte, die auf dem Platz standen: Die Schrägwand, die Brücke und so weiter. Ich sprach Frank wieder an. “Du denkst dermaßen viel an Nero und an seine Bedürfnisse, dass Nero zwangsläufig denken muss, er ist der Mittelpunkt des Universums. Aber das hat nichts mit Respekt zu tun. Das hat nichts mit gegenseitiger Achtung und Akzeptanz zu tun. Er hält dich schlicht und ergreifend für einen genialen Butler, den er gut im Griff hat. Du bist sein Butler, der genau weiß, dass der Herr Graf Nero um Punkt 15:30 Uhr in der Bibliothek seinen indischen Tee mit etwas Minze und einem halben Löffel Zucker, aber nicht gerührt, serviert haben möchte. Und du bist der Butler, der dafür sorgt, dass der Herr Graf Nero eben genau dann seinen Tee in der Bibliothek genauso bekommt, wie er es möchte. So in der Art ist momentan das Verhältnis zwischen dir und Nero. Du bist der Butler, Nero ist der Graf.

Durch dieses Denken hast du Nero völlig unbewusst erhöht, gedanklich soweit erhöht und überhöht, dass er über dir steht. Das hat mit Respekt nichts zu tun oder mit Begegnen auf Augenhöhe. Bei euch ist es irgendwann durch deine Gedanken und Ideen zu einer Machtumkehr gekommen, vermutlich völlig unbemerkt von dir, schleichend, weil du Nero als Ausgleich für deine Arbeit so sehr gebraucht hast. Du hast dich selbst innerhalb eurer Beziehung degradiert, dich selbst in Demut gegenüber Nero geübt. Alles mögliche weißt du über Nero. Du weißt, was er gerne frisst, wo er gerne gekrault wird, wo seine Lieblingsplätze sind, was seine Lieblingsspielzeuge sind und vieles mehr. Doch frage dich mal, was Nero über dich weiß! Weiß er, was du gerne möchtest, was du von der Beziehung zu ihm erwartest? Hast du ihm jemals gezeigt oder erklärt, was du möchtest, was für dich wichtig ist und was du gerne hättest? Wohl nicht, denn sonst wäre es nicht zu genau dieser Situation gekommen, in der du jetzt steckst. Wie oft am Tag denkt er an dich und denkt darüber nach, was für euch das Beste ist? Wir können das positiv sehen und sagen, dass wir uns sonst nicht kennengelernt hätten. Aber im Zusammenhang mit Nero war das wohl eher nicht dein Plan. Und ich hätte dich auch lieber in einem anderen Zusammenhang kennengelernt, bei dem es nicht nur um deinen Hund, sondern um eine harmonische Beziehung zwischen dir und Nero geht.”

Wo der Hund gerne gekrault wird

Während ich sprach, schaute mich Frank nur zweimal kurz an. Ansonsten schweifte sein Blick weiter über den Platz und ging hin und wieder nach unten. Er schwieg weiter, er musste das alles verarbeiten. Und wieder gab ich ihm die Zeit dazu. Diesmal schwiegen wir beide. Wir schauten beide Nero zu, wie er noch immer über den Platz tollte. Nachdem ich Frank ansehen konnte, dass die erste größere Verwirrung in seinem Kopf vorüber war, sprach ich ihn wieder an.

“Frank, die zweite Ursache für das Verhalten Neros, liegt an all dem, was du wahrnimmst. Was dir fehlt, ist jemand, der dir mal richtig “die Meinung geigt”. Es kann nicht angehen, dass du deinen Hund an anderen Menschen hochspringen lässt. Das ist frech, sowohl von dir als auch von Nero. Und es ist demütigend deinen Mitarbeitern gegenüber. Kein Mensch mag so etwas, das kannst du mir glauben. Niemand mag von einem großen, fremden Hund angesprungen und herumgeschubst werden, auch nicht dein Personal. Rede dir das jetzt nicht schön, nach dem Motto: “Die mögen doch auch Hunde” oder “Die freuen sich dann immer so”. Tief in dir weißt du das auch. Und ich bin mir sehr sicher, dass deine Mitarbeiter es nicht lustig fanden, wenn Nero ihre Brote stahl, auch wenn du den Schaden ersetzt hast. Und erst recht hatten sie bestimmt keine Lust, die ganzen Dinge ein zweites Mal in die Gitterbox des Gabelstaplers zu sammeln. Glaubst du denn tatsächlich, dass es einer deiner Mitarbeiter gewagt hätte, deswegen mit dem Chef, mit dir, lieber Frank, zu meckern? Hinter deinem Rücken haben sie bestimmt geredet, aber vor dir? Die haben doch auch Sorgen um ihre Jobs. Und du weißt, dass du in deiner Position ohnehin von Speichelleckern und Jasagern umgeben bist. Hast du das vergessen? Oder hast du es nie wahrgenommen? Oder hast du es einfach nur verdrängt, weil Nero es dir gerade in seiner speziellen Art und Weise vor Augen führt? Du bist so sehr daran gewöhnt, dass dir alle nach dem Mund reden, dass du jedes Gefühl dafür verloren hast, was Respekt bedeutet und was respektlos ist. Deine Mitarbeiter und deine Familie würden doch sogar Senf auf deiner Krawatte als schick bezeichnen. Respekt und die Achtung deiner Leute wirst du sicherlich nicht dadurch gewinnen, dass dein Hund sie anspringt und sie aufgrund des asozialen Verhaltens deines Hundes zusätzliche Arbeit machen müssen.”

Die Wahrheit über dich und deinen Hund: Du hast ihn zur Prinzessin gemacht!

Frank musste, während ich zu ihm sprach, mehrmals schwer schlucken. Ich konnte ihm ansehen, dass er Tränen in den Augen hatte. Genau an diesem Punkt war ich echt gespannt, was er mir nun gleich entgegnen und wie er mit dem von mir Gesagten umgehen würde. Ungefragt schenkte ich ihm Kaffee nach, setzte mich wieder zu ihm und schaute mit ihm über den Hundeplatz. Nero lag dort und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Fell.
Frank begann in seinem gewohnt ruhigen und langsamen Tonfall zu reden, aber diesmal mit einem leicht zittrigen Unterton.. “So hat schon lange niemand mehr mit mir gesprochen. Und auch, wenn ich das alles, was du mir gerade gesagt hast, in diesem Moment noch gar nicht so recht begreife, so realisiere ich im Ansatz doch, dass es stimmt. Als ich zu dir kam, hatte ich nicht mit dieser klaren und ehrlichen Art gerechnet. Ich hätte nie gedacht, dass es an mir und meinem Denken liegen könnte. Ich bin immerzu davon ausgegangen, dass mit Nero etwas nicht stimmt. Aber jetzt wird mir immer klarer, was du meinst, und mir fallen immer mehr Beispiele ein, in denen genau das zutrifft, was du mir gerade gesagt hast. Es ist egal, was ich sage, niemand stellt es infrage, nicht in der Firma und auch nicht im privaten Bereich. Und die Erbschleicher reden mir auch immer nur nach dem Mund.”

Ursachen gefunden und Verstanden

Die Ursachen waren nun gefunden und offensichtlich von Frank verstanden. Nun ging es daran, sie zu beheben. Das sah anders aus, als Frank sich das vorgestellt hatte. Mit Nero haben wir nicht ein einziges Mal gearbeitet, er durfte dabei sein. Das war sein ganzer Job. Frank jedoch habe ich an den folgenden Tagen unter anderem durch leichte Hypnose einen ganz neuen Blickwinkel auf sein Leben gegeben. Das führte dazu, dass Nero sich von Tag zu Tag mehr und mehr an Frank orientierte und von ganz allein auf ihn achtete. Frank berichtete mir, dass sich das Kuscheln und Schmusen mit Nero verändert habe, von ganz allein innerhalb dieser wenigen Tage. Er war nicht mehr so fordernd, wie es bislang der Fall war. Er war viel behutsamer, achtsamer und gab sich den Schmuseeinheiten ganz anders hin, viel intensiver, als vorher.

Respekt und Vertrauen – Zwischen Mensch und Hund

Am Mittwoch, dem dritten Tag des Wochenseminars, sprach ich Frank auf einen Nebensatz an, den er am Montag sagte: “Du brauchst dich darüber nicht zu wundern, lieber Frank, dass in der letzten Zeit die Zahlen deiner Firma schlechter wurden,” eröffnete ich das Gespräch mit ihm. Er schaute mich überrascht an. “Wie kannst du das wissen?” fragte er mich. “Ganz einfach,” entgegnete ich ihm, “jeder sieht, wie respektlos Nero dich behandelt, was du dir von ihm gefallen lässt und was er mit dir machen kann. Das zu sehen macht immer auch etwas mit deinem Gegenüber, in diesem speziellen Fall mit deinen Mitarbeitern. Sie verlieren den Respekt dir gegenüber und damit auch ihre Motivation. Und glücklich über aus ihrer Sicht unnötige Mehrarbeit, wie mit der Gitterbox des Gabelstaplers, sind die Leute garantiert auch nicht. Das führt dazu, dass alle deine 500 Angestellten ein paar Prozentpunkte weniger leisten, nur weil Nero dich vorführt und sich das in der Firma herumspricht – und sich alle hinter vorgehaltener Hand darüber amüsieren. Jeder strengt sich ein wenig weniger an. Das führt wiederum dazu, dass die Zahlen schlechter werden, die Produktivität zurückgeht.”


Frank musste nun nachdenken. Ich gab ihm einen Moment dazu. Dann fuhr ich fort: “Dir ist das Führen, das Lenken, deiner Mitarbeiter abhanden gekommen. Sie nehmen dich alle ein Stück weit weniger Ernst, als es vor dem Einzug von Nero bei dir der Fall war. Du denkst nun mehr an Neros Wohlbefinden als an das deiner Mitarbeiter.” Wieder legte ich ein kurze Pause ein, bevor ich fortfuhr: “Und wenn deine Mitarbeiter in Zukunft sehen, dass Nero dir folgt, macht, was du sagst und dich respektvoll bei deinen Rundgängen durch die Firma begleitet, dann werden auch automatisch deine Zahlen in der Firma wieder besser. Dafür bedarf es keines Unternehmensberaters oder so. Das ist nur deinem Auftreten zu verdanken” “Meinst du, dass das der Grund ist?” fragte Frank. “Ja, da bin ich mir ziemlich sicher” antwortete ich ihm. “Wenn deine Mitarbeiter sehen, dass du dich von einem Hund wie ein Stück Dreck behandeln lässt, dann schauen sie auch nicht mehr so zu dir auf und folgen dir nicht mehr so, wie sie eigentlich könnten.” “Das muss ich nun erstmal sacken lassen!” Das taten wir und tranken noch eine Tasse Kaffee, Frank schwarz, ich mit Milch. 

Wenn dir der Hund nicht folgt, respektiert dich kein Mensch

Am Donnerstag, dem vierten Tag des Wochenseminares, gingen wir zu acht spazieren. Frank mit Nero, ich mit Brenda und Wolke und eine weitere Trainerin mit ihren beiden Hunden. Wir gingen zum nahe gelegenen Moor. Nach einigen hundert Metern machten wir dann die Leinen los. Alle Hunde rannten, was das Zeug hielt.
Es war früher Vormittag und die Sonne begann erst, ihre Kraft zu entfalten. An manchen schattigen Stellen war noch der Morgentau zu sehen, Kiebitze flogen durch die Luft auf der Jagd nach Insekten. Nachdem die Hunde sich ihre erste Energie vom Leibe gerannt hatten, begannen sie nun nach und nach, ihre Umgebung zu erkunden. Sie schnupperten, wer dort überall in der Nacht den Weg gekreuzt hatte. Womöglich war auch der eine oder andere Wolf dabei. Doch alle Hunde blieben in unserer Nähe, auch Nero.
Wir gingen noch ein Stück weiter den Weg entlang. Dann rief Frank Nero zu sich. Man sah Nero deutlich seinen Unwillen an, deswegen musste Frank nochmals mit Nachdruck rufen. Nero schaute zu Frank, blieb aber stehen. Frank rief noch ein drittes Mal. Nero schaute sich um, schaute zu den anderen Hunden, die noch überall herumliefen, tollten, schnüffelten, aber dann setzte er sich in Bewegung und ging zu Frank. In diesem Moment hatte unser Industriekapitän Tränen der Freude in den Augen. Na, geht doch!

Und der Hund kam auf Rückruf

Nur durch den veränderten Blickwinkel und die daraus resultierende Veränderung in Franks Gedanken war Nero nun bereit, ihm zu folgen. Die Beziehung der beiden hatte sich auf diese Weise innerhalb von vier Tagen verändert und zwar viel einfacher als gedacht. Und das darf auch genauso einfach sein. Frank ist genau wie du, lieber Leser, Herr seiner Gedanken, er entscheidet, was er denkt. 

Ob das nachhaltig bleibt, werde ich oft gefragt. Nun, das liegt an Frank und daran, ob er in seine alten Gedankenmuster zurückfällt, wenn er wieder in seiner gewohnten Umgebung lebt. Das kann passieren, muss aber nicht. Wenn Frank in Zukunft seine neue Sicht der Dinge beibehält und darauf achtet, nicht in die alten Muster zurückzufallen, durften sich die neuen Sichtweisen manifestieren. Für Frank ist diese Erkenntnis noch viel wichtiger, betrifft sie doch auch sein direktes Umfeld. Frank begann wieder, sich selbst zu hinterfragen, was für Auswirkungen sein Denken und Handeln hat.
In seiner gehobenen Position findet man nur selten Menschen von außen, die einem mal einen ehrlichen Schubser geben oder den Kopf zurechtrücken. Da muss man sich öfter selbst hinterfragen. Seiner Firma ging es übrigens innerhalb weniger Monate wieder erheblich besser, wie ich ich von Frank in einer kurzen Nachricht, garniert mit edlen Kaffeebohnen, erfuhr. Frank hatte sein Denken und sein Auftreten nachhaltig verändert und führt nun seine Mitarbeiter wieder richtig. Und diese danken es ihm durch eine höhere Produktivität.

Begegnuingen auf dem Pfoten-Pfad
Begegnungen auf dem Pfoten-Pfad 2 – Männer und ihre Hunde

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